Der Jazz in den Zwanzigerjahren des 20. Jahrhunderts war zwar zunächst eine musikalische Bewegung, wurde aber schnell auch zu einem sozialen Faktor. Denn der Jazz kam aus der schwarzen Bevölkerungsschicht, der bisher vieles versagt gewesen war. Vor allem die Musik war noch klar zwischen weißen und schwarzen Clubs getrennt. Die Jazzmusik brach das auf: Plötzlich waren auch weiße Musiker an den neuen Klängen interessiert und auch das Publikum wollte Jazzmusiker sehen und hören. Sophie Tucker war eine der bekanntesten Jazzsängerinnen in den Anfangstagen, ein Novum in der Musikszene.
Aber auch über die Musik hinaus gab es einen Einfluss des Jazz: Modedesigner wurden von der Musik und ihren Protagonisten inspiriert und auch vor Frisuren machte man nicht halt. Jazz bedeutete für viele auch eine gewisse Freiheit, und die zeigte sich zum Beispiel an den Röcken: Die wurden sichtbar kürzer, während die Dekolletés erheblich weiter ausgeschnitten waren. Außerdem trauten sich Frauen, die Haare kurz zu schneiden, auch wenn sie verheiratet waren. Zuvor war das nur an verwitweten Frauen oder Singles gesehen worden.
Jazz als Teil der Frauenbewegung
Überhaupt wird dem Jazz auch eine unterstützende Rolle in der Frauenbewegung zugeschrieben. Frauen durften in Jazzclubs gehen und die liberale Kultur genießen. Die Musik wurde von vielen als ein Protest gegen etablierte Traditionen und Normen gesehen. So wie man musikalisch neue Wege gehen wollte, verließen einige jetzt auch gesellschaftlich ihre angestammten Pfade. Bald war Jazz als sogenannte Bottom Culture, also die Kultur der unteren Schichten, nach oben aufgestiegen. Dadurch fanden auch damit verbundene Lebensweisen und Ansichten mehr Anerkennung und Zustimmung.
Jazz fand seinen Einzug auch in die Art, wie man tanzte: Der Swing begründet sich auf dem Jazz und die damit verbundenen Big Bands mit ihren großen Orchestern und der beschwingten Musik. Auch hier zeigte sich, dass die Menschen einen Wandel wollten. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Rassentrennung zwar noch vorhanden, aber der Jazz hatte viele Menschen über die Musik zusammengebracht.